16. Dezember 2022

„Wir brauchen eine bessere Patientensteuerung“

© Oliver Schwalm

Im Dezember hat der Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen in Baden-Württemberg Pascal Haggenmüller die Hausarztpraxis von Dr. Susanne Bublitz, 2. Vorsitzende des Hausärzteverbands Baden-Württemberg, in Pfedelbach für ein eintägiges „Mini-Praktikum“ besucht. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, wie er den Tag erlebt hat.
 

Wie haben Sie den Tag in der Hausarztpraxis erlebt?

Es war ein unglaublich intensiver Tag, der mir die volle Aufmerksamkeit abverlangte. Ich hatte kaum die Möglichkeit, mal an etwas anderes zu denken als an den Patienten und die Untersuchung, die uns gerade erwartete. Ich habe auch eine unglaublich motivierte und motivierende Ärztin erlebt, die den Patienten auf Augenhöhe und mit vollem Respekt begegnete.

Was hat Sie am meisten überrascht?

Als jemand, der selbst selten zum Arzt geht, hat es mich überrascht, mit welchen aus meiner Sicht Bagatellen einige Patienten einen Arzt aufsuchen. Die gesundheitliche Verunsicherung scheint bei vielen Menschen sehr schnell einzusetzen. Ich war auch sehr erstaunt darüber, wie weitreichend Frau Dr. Bublitz ihre Patienten in die Entscheidung über Therapie und Behandlung einbezog und sie damit aktivierte, sich gewissenhaft und verantwortungsvoll mit ihrem Gesundheitszustand auseinanderzusetzen.

Wo sehen Sie Nachbesserungsbedarf seitens der Politik, um die Rahmenbedingungen der hausärztlichen Versorgung zu verbessern?

Wir brauchen eine bessere Patientensteuerung, die einfach und übersichtlich ist. Die Vielzahl an medizinischen Anlaufstellen bietet enorme Chancen, jedoch können Fehlsteuerungen dafür sorgen, dass die knappen Ressourcen an falscher Stelle eingesetzt werden. Die Hausärzte können in der Patientensteuerung eine zentrale Rolle spielen. So entlasten sie den Rettungsdienst, die Notaufnahmen und die Fachärzte.

Zudem muss die Trennung zwischen ambulanter und stationärer Behandlung, von der Hausärztin bis hin zur Krankenschwester, von der pflegenden Angehörigen bis hin zum Notarzt, überwunden werden. Gesundheitliche Versorgung aus einer Hand ist das, was Menschen brauchen, egal ob sie in der Stadt oder auf dem Land wohnen.

Dazu brauchen wir gerade eines: Mehr Digitalisierung und Entbürokratisierung. Die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Gesundheitsberufen und Krankenkassen, zwischen Bund und Land, aber auch mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss wird zunehmend komplexer. Die Unterstützung und Vereinfachung durch digitale Prozesse kann dazu führen, dass auch Hausärzte von Verwaltungsarbeiten entlastet werden und so mehr Zeit für die Patienten haben.

Und nicht zuletzt: Wir müssen unsere Nachwuchsgewinnung intensivieren. Sei es durch gesellschaftliche Anerkennung, durch neue Organisationsmodelle wie genossenschaftliche Praxen oder das Aktionsprogramm "Landärzte" des Landes. Für eine gute Gesundheitsversorgung in der Fläche sind Hausärzte enorm wichtig.

 

© Oliver Schwalm

 

Zurück Alle News

Ähnliche Beiträge