10. Februar 2023

Facharztvermittlung: Voraussetzungen und Bedeutung

Die Vorsitzenden des Hausärzteverbands Baden-Württemberg, Frau Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth und Dr. Susanne Bublitz, zum viel diskutierten Hausarztvermittlungsfall 03008 bzw. 04008:
 

"Mit der Streichung der Neupatientenregelung wurde im KV-System der Zuschlag für den Hausarztvermittlungsfall 03008 bzw. 04008 von 10,48 € auf 15,05 € erhöht. Die spezialisierten Fachärzte werden für diese Fälle extrabudgetär vergütet. Wir möchten Sie mit diesem Rundschreiben auf die Fallstricke und Voraussetzungen für die Abrechnung dieser Leistung hinweisen und haben nachgerechnet, welche finanzielle Verbesserung diese Maßnahme für die Praxen tatsächlich bringt.

Entsprechend der Leistungslegende des EBMs für die GOP 03008 kann diese Leistung abgerechnet werden für „die Vermittlung eines aus medizinischen Gründen dringend erforderlichen Behandlungstermins“, wobei diese Dringlichkeit aber nur so dringend ist, dass der zu vermittelnde Termin innerhalb von vier Kalendertagen stattfinden muss, damit die Leistung abrechenbar ist. Die Frist verlängert sich auf 35 Tage, sofern eine schriftliche medizinische Begründung vorliegt, warum Patient:innen oder Angehörigen die Vermittlung über die Terminservicestelle nicht möglich ist. Diese Begründung ist ab dem 24. Kalendertag in die Abrechnung zu übertragen. Aufgrund der bisherigen Abrechnungszahlen und der Leistungslegende ist diese Leistung im Praxisalltag eher selten. Daher könnten „Gefälligkeitsüberweisungen“ schnell in den Bereich des Abrechnungsbetrugs führen, die Auffälligkeitsgrenze liegt bei 15 % der Fälle. Diese Ziffer kann und sollte also nicht als Regelleistung erbracht werden. 

In Anbetracht des signifikanten Dokumentations- und Vermittlungsaufwands, für den ca. 10 Minuten geschätzt werden, stellt sich die Frage, in welchem Umfang diese Leistung tatsächlich zum Honorar beiträgt. Hierfür haben wir eine vereinfachte Beispielrechnung aufgestellt:

Bei 1.000 Patient:innen ist davon auszugehen, dass die Leistung bei maximal 6 % der Fälle erbracht werden kann, das wären 60 Fälle im Quartal:

Bisher:  60 Fälle x 10,48 € = 628,80 €
Neu:     60 Fälle x 15,05 € = 903,00 €

Das heißt, diese Hausarztpraxis erhält nun 274,20 € zusätzlich, wobei für 903 € Honorar ca. 10 h Terminvermittlung geleistet werden müssen, plus aufwändiger Dokumentationsverpflichtungen und Regressrisiken. Selbstverständlich haben Versicherte im indizierten Fall einen gesetzlichen Anspruch darauf und dieser muss erfüllt werden. Aber ob der Anspruch besteht, also eine medizinische Dringlichkeit gegeben ist, liegt in der medizinischen Einschätzung von uns Hausärzt:innen.

In diesem Kontext kommt es immer wieder zu der Fragestellung, inwiefern Leistungen aus der Regelversorgung in der HZV dargestellt sind und ob die Aufwände der Hausarztpraxen gerecht abgebildet werden. Anstatt auf komplizierte Einzelleistungen setzt die HZV auf ein pauschales Vergütungssystem, das zu einem deutlich höheren Fallwert führt als das KV-System. So stabilisiert die HZV die Finanzlage der Praxen deutlich besser als die Erhöhung marginaler Einzelleistungen. Wir Hausärzt:innen behalten in der HZV die Freiheit über das medizinisch notwendige Handeln und können selbst entscheiden, wann die direkte Facharztvermittlung sinnvoll und notwendig ist. Dabei entsteht für uns allerdings kein Dokumentationsaufwand und die Koordination der Termine kann ohne Vorgaben zu Zeit, Dokumentation und Abrechnungsübertragung erfolgen. Das entlastet die Praxen von Bürokratie. Für einen direkten Vergleich nutzen Sie gerne unseren HZV-Fallwertrechner."

Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth,
Vorsitzende Hausärzteverband Baden-Württemberg

Dr. Susanne Bublitz,
2. Vorsitzende Hausärzteverband Baden-Württemberg
 

Weitere Informationen:
-> HZV-Fallwertrechner

 

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